Weiter mit Hauptinhalt

Beschreibung der Laute nach A.E. Niblett (Dissertation, 1913) Lautlehre zum Osnabrücker Platt: Vokale, Diphtonge, Konsonanten; Ausspracheregeln

I.5 Beschreibung der Laute nach der Dissertation von A. E. Niblett (1913)

Eine Lautschrift des Osnabrücker Platt (von mir) nach der Lautschrift beschrieben in der Dissertation von A.E. Niblett (1913).

Hier nicht beschriebene Laute (es sind nur Konsonanten) werden ganz normal, also wie im Internationalen Phonetischen Alphabet (IPA) beschrieben, ausgesprochen.


Bei den Lautzeichen von Niblett bedeutet:

  • Ein Accent Acute (´) über einem Zeichen zeigt an, dass auf diesem Zeichen die Betonung liegt. Z.B. á = ein a, auf dem die Betonung liegt.
  • Ein Doppelpunkt aus Dreiecken (ː) am Ende eines Lautzeichens bedeutet, dass der Laut lang gesprochen wird. Z.B. aː = ein langes a.
  • Ein Punkt unterhalb eines Vokals kennzeichnet einen offenen Vokal, z.B. ẹ, ọ, ø̣ .
  • Ein Punkt oberhalb eines Vokals kennzeichnet einen geschlossenen Vokal, z.B. ė, ȯ .

 

I. Vokale

 

Schreibweise bei NiblettSchreibweise in meinem WörterbuchAussprache (Beschreibung) (teilweise von Niblett übernommen)
a,ahungefähr gleich hdt. langes a, aber mit geringer o-Färbung ; ungerundet ; "Saal", "getan"
aakurzes, ungerundetes a entsprechend dem hdt. a in "Mann", wassen (wachsen)
e,ehlanges, gespanntes, geschlossenes e ; "ist selten, es erscheint nur vor r/er"

"Reeder", "wenig", "Asket", veer (vier)

ẹː ä,ählanges, offenes ä "mit dem Lautwert des e in hdt. hängen" ; "Häme", "Räder"
e,äkurzes, offenes, ungespanntes e "mit dem Lautwert des e in hdt. hängen"

"Penner", "männlich", "Neffe"

əe (Schwa) sehr kurzes, ungespanntes e, fast schon wie ö klingend ; der Auslaut in "keine"
i,ielanges i,ie ; "etwas dunkler als im hdt." ; "viel", "Wiesel", "Ritus", Kliwe (Klette)
iikurzes i ; "etwas dunkler als im hdt." ; "irren", "wissen", klibbern (frösteln)
o,oh gerundetes, geschlossenes o; etwas offener als hdt. o in "schonen", "Hose"
 okurzer, aber gerundeter, offener Vokal o ; im hdt. ungebräuchl.,

etwas dumpfer und mit geringerer Rundung als hdt. o in "Stock", z.B. Kop (Kopf); wie in toll (holländisch ausgesprochen)

ȯu

eine Mittelstellung zwischen geschlossenem o und u; überkurz ; ähnl. kurzem u ?

ɔːaolanges aber ungespanntes, offenes o ; im hdt. fehlend

"ein dumpfer, gerundeter und sehr offener Laut, fast an a anklingend"

wie in Knochen, jedoch langgezogen

aober (aber), kaotens (kürzlich)

ɔ́okurzes, ungespanntes o ; "toll", "Wolle"
øːö,öh,äö langes "geschlossenes ö mit geringerer Rundung als hdt. langes ö" ; findet sich selten

wie der erste Laut im Diphtong öi ; im hdt. ungebräuchl.

möe (müde)

øöhalblanges "geschlossenes ö mit geringerer Rundung als hdt. langes ö"

findet sich im Diphtong ǿy (öü)

ø̣ːö,öh langes, gespanntes ö ; "hören", "Töne", "Köhler", "böse"
ø̣ökurzes aber gespanntes ö ; im hdt. ungebräuchl.,

mit derselben Öffnung und Rundung wie ọ

Köpken (Tasse)

œːäö langes, ungespanntes ö ; im hdt. unbekannt ;

wie in Mörder, jedoch langgezogen

"von der Öffnung des hdt. langen ä wie in wählen"

œökurzes, ungespanntes ö wie in "Hölle" ;

"von der Öffnung des hdt. langen ä wie in wählen"

u,uhlanges u ; "mit stärkerer Rundung als die (plattdt.) o-Laute, aber geringerer als hdt. u"

herut! (heraus)

u ukurzes, wenig gerundetes u ;

"mit stärkerer Rundung als die (plattdt.) o-Laute, aber geringerer als hdt. u"

"Mutter", Buddel (Flasche)

ü,üü,üh langes ü ; "etwas dunkler und mit weniger Rundung als im hdt." ; "Hüte", "früh", Küsel (Kreisel)
yükurzes ü ; "etwas dunkler und mit weniger Rundung als im hdt." ; "Hütte", "Mütze", lüttk (klein)
ernur in unbetonten Silben in der Silbenmitte oder im Auslaut ; gequetschtes a oder kurzes, ungespanntes, unbetontes o ; „keiner“,“besser“,“wassern“; Köster, Möller, Austern, Dönnerdag ; aus Vokalisierung des r entstanden

 

II. Diphtonge

 

Schreibweise bei NiblettSchreibweise in meinem WörterbuchAussprache (Beschreibung) (teilweise von Niblett übernommen)
áːəaelanges a gefolgt von Schwa ; "Nahe"(ohne h ausgesprochen), verraen (verraten)
áėai,eihalblanges a (ungerundet) gefolgt von überkurzem, geschlossenen e, beinahe zu i erhöht ; "Kaiser"
éːəlanges e gefolgt von Schwa ; "ich sehe Rehe"(ohne h ausgesprochen), deä (der)
éiäihalblanges, gespanntes e gefolgt von überkurzem i

"Sale"(engl.), "Raven"(engl. Rabe), "Catering"(engl.), häiten (heißen)

ẹ́ːəäelanges, offenes ä gefolgt von Schwa ; "er sähe", "ich mähe"(ohne h gesprochen), mäer (mehr), ik triäe (ich trete)
ẹiäikurzes, ungespanntes e gefolgt von i ; "Spray"(engl.)
<Vokal>r˳<Vokal>r,<Vokal>ernicht, wenn mit dem r eine neue Silbe beginnt ; halblanger Vokal gefolgt von gequetschtem a oder kurzem, ungespannten o ; Vokalisierung des r ; "Bier", "hier", "Wirt" (osnabrückisch ausgesprochen!), Wiärwel,kloar,Broer,Moer ; Niblett schreibt es direkt als Diphtong (Wuost „Wurst“), als Vokal+r, wenn es durch Verkürzung und Wegfall einer weiteren Silbe (-ren,-ret) entsteht (das r also erst nach Verkürzung diphtongiert wird) (Gɔːrn Gaoren=>Gaorn „Garten“, gluːrn gluren=>glurn „lauern“, Kɔːrn Kaoren=>Kaorn/Körn „Korn“) oder eben als Vokal+r˳ (ẹːr˳ste äerste „erste“, Biẹ́r˳ke Biärke „Birke“)
íːəieelanges i gefolgt von Schwa ; "fliehen"(ohne h ausgesprochen), Spieer (Halm), lieen (leiden,mögen)
iẹ́urspr. überkurzes i gefolgt von halblangem, ungespannten e mit Betonung auf dem e ; wie in "Arie" ?

später (ab ca. 1900) halblanges i gefolt von gequetschtem e/ä

Diphtongierung eines urspr. kurzen e-Lautes (westfälische Brechung)

"siehe"(ohne h gesprochen), iäten (essen)

íəi(e)halblanges i gefolgt von Schwa ; ähnlich zu osn. iä ab 1900, der e-Laut jedoch offener;

"Seattle"(engl.), Ni(e)tel (Nessel), Li(e)pel (Löffel)

óːəoelanges, gespanntes o gefolgt von Schwa ; "Coe", "Oboe", Broer (Bruder), Moer (Mutter)
oioi,euein Diphtong ; im osnabrückischen ersetzt durch öü oder öj
óuouhalblanges, gerundetes, geschlossenes o gefolgt von überkurzem (aber gerundetem) u

Bouk (Buch), Douk (Tuch), frou (froh)

ọ́yhalblanges, gerundetes, offenes o gefolgt von überkurzem ü ; Betonung auf dem o

wie hdt. eu,äu "heute","leugnen" ; droüge (trocken), royk (Rauch), loüchnen (leugnen)

ɔ́ȯauhalblanges, ungespanntes, offenes o gefolgt von ȯ (überkurz; zwischen o und u)

ähnl. hdt. au, jedoch mehr nach o klingend

wie in "Gouda", holländisch koud (kalt), Draut (Draht)

ǿːəöelanges, geschlossenes ö mit geringerer Rundung als hdt. langes ö, gefolgt von Schwa

"Oerlinghausen", "girl"(engl.), NICHT wie in "Höhe"; smöe (sanft), se höert (sie hören), Wöere (Wörter)

öuähnlich öü; wird im hdt zu üː oder uː
ǿyöühalblanges, geschlossenes ö (mit geringerer Rundung als hdt. langes ö) gefolgt von überkurzem ü

klingt ähnl. wie "öi"

töüwen (warten), plöügen (pflügen), söüt (süß)

ǿ̣ːəööelanges, gespanntes ö gefolgt von Schwa ; "Böe", "Höhe"(ohne h ausgesprochen), he wööer (er war)
úːəuelanges u gefolgt von Schwa ; "Getue", "Ruhe"(ohne h ausgesprochen), suer (sauer), et duert (es dauert),

Fruenslüe (Frauen)

úo, úọ

´uohalblanges u gefolgt von überkurzem o mit Betonung auf dem u ; D´uop (Dorf)
uɔ́uo,uaüberkurzes u gefolgt von halblangem, ungespannten, offenen o, auf dem die Betonung liegt

suole (Schwelle), antuogen (angezogen), buoben (oben)

ýːəüelanges ü gefolgt von Schwa ; "Mühe", Rüe (Hund), Lüe (Leute), müegen (mögen), de Sprüeke (das Sprichwort)
ýːɔüo,üerlanges ü gefolgt von kurzem, ungespannten o ; "Tür","für"(osnabrückisch ausgeprochen!),

gibt es den Laut im Platt ? Ja, wird üer geschrieben

düer (teuer), Füer (Feuer), küern (sprechen,reden)

yǿ̣üöüberkurzes ü gefolgt von halblangem, gespanntem ö, auf dem die Betonung liegt

üöwel (übel), Müöle (Mühle)

     

III. Triphtonge

&nb

Schreibweise bei NiblettSchreibweise in meinem WörterbuchAussprache (Beschreibung) (teilweise von Niblett übernommen)
iẹ́əiäeiä + Schwa (ineinander übergehend); biäen (beten)
áėəeieei/ai + Schwa ; "bleiern", "Feier", Schleie (Schlehe)
äieäi + Schwa ; täien (ziehen)
öüeöü + Schwa ; blöüen (blühen), glöüen (glühen), Bröüe (Brühe)

und weitere.

aue und eue sind eher im Hochdeutschen vertreten, entsprechen plattdeutsch ue und üe. eie kommt z.B. in dreien (drehen) vor, ist aber auch häufig im Hochdeutschen vertreten und entspricht dann plattdeutsch iee.


IV. Mitlaute

 

Schreibweise bei NiblettSchreibweise in meinem WörterbuchAussprache (Beschreibung) (teilweise von Niblett übernommen)
ggweiches g wie in "sagen","gut" (vor 1900 fehlend, ersetzt danach die Spirans ʒ)
X(chi) ; heutiges Lautzeichen: çch,g (am Silbenende nach Selbstlauten e,i,ä,ö,ü; am Silbenende nach r,l)weiches ch wie in "ich","sicher"
kk,ck,g(am Silbenende nach Konsonant(nicht r,l))k, ein harter Knacklaut, "Knall","Küche","backen"
j jstimmloses j wie in "jeder","ja","jung"
ʒg,gg (ab 20. Jh nur noch in Fremdwörtern)stimmhaftes j; im hdt. nur in Fremdwörtern wie in "Jeans","Journal","Garage"
ŋngnasales n wie in "klingeln","singen","denken","trinken"
X(chi) ; heutiges Lautzeichen: χch,g(am Silbenende nach Selbstlauten a,o,u)hartes ch wie in "Dach","machen"
w

w(in dw,tw,kw,sw innerhalb einer Silbe(also im Anlaut))

qu für kw

bilabiales w wie im Englischen "twinkle","quiet","Swing"

sw kann auch wie hdt. "schw" ausgesprochen werden

vw(sonst)labiodentales w "Wache","Wind","Bewegung"
ff,vhdt. f "Fest","viel","Affe","reif"
z s(am Silbenanfang vor Selbstlauten, jedoch nicht nach stimmlosen Mitlauten)weiches s
ss(sonst),ß,z(zuweilen in ʦ;s.u.)scharfes s
ʦ

 

kann am Silbenanfang als z, vor Vokal oder am Wortende als z oder tz geschrieben werden; nach langem Vokal steht dann z, nach kurzem Vokal tz oder zz

in tsk,tsl,tsm,tsn kann es nicht als z geschrieben werden, wenn man das auch wie hdt. "tsch&quot(tʃ); aussprechen kann

Aussprache: t + scharfes s

eenzig, Fulenzer, Fitze, Hutzel/Huzzel, Litze, Krüz, Flitz

 

 

dütsk("deutsch"), Laatsken("Pantoffeln"), glitsken("gleiten")